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Inhaltsverzeichnis
Definition Ökobilanzierung (LCA)
Warum eine Ökobilanzierung sinnvoll ist
Die Rolle der Ökobilanz in einer linearen Wirtschaftsweise
Cradle to Grave und Cradle to Cradle
Die 4 Schritte einer Ökobilanzierung
Beispiel Ökobilanzierung Levis Strauss 501
Die 12 Prinzipien des nachhaltigen Produktdesigns
Die Ökobilanzierung, oder auch Life-Cycle Assessment (LCA), ist ein wichtiges Werkzeug für Unternehmen, um die Umweltauswirkungen der eigenen Produkte zu verstehen und zu reduzieren.
Bei Ökobilanzen werden die Umweltauswirkungen eines Produkts oder einer Dienstleistung während der gesamten Lebensdauer erfasst, vom Anbau der Rohprodukte über die Herstellung, den Vertrieb und die Nutzung bis hin zur Entsorgung und Abfallbehandlung, die damit verbunden sein können.
Im Gegensatz zum Corporate Carbon Footprint, der sich auf die ganze Organisation bezieht (siehe: Corporate Carbon Footprint (CCF) berechnen und reduzieren: Praktische Tipps), bezieht sich die Ökobilanz somit auf ein einzelnes Produkt. Während es für den CCF das GHG Protocol als etablierten Standart gibt, existieren für ein Life-Clyce Assessment die IOS 14040 und die ISO 14067.
Alle Maßnahmen können Kosten reduzieren, den Gewinn steigern und ein Unternehmen unabhängiger machen. Insbesondere die folgenden Unternehmensabteilungen profitieren direkt von einem Life-Cycle Assessment:
ISO 14040: ISO 14040 definiert die Grundlagen und Anforderungen an eine Ökobilanz, einschließlich der Definition des Ziels und des Umfangs der LCA. Dies umfasst das Life Cyle Inventar (LCI) und das Life Cycle Impact Assessment (LCIA) mit einer abschließenden Interpretation und Verbesserungsanalyse.
ISO 14067: Die Treibhausgasbilanz auf Produktebene (Product Carbon Footprint). Die ISO-Norm spezifiziert Grundsätze, Anforderungen und Leitlinien für die Quantifizierung und Berichterstattung über den CO2-Fußabdruck eines Produkts (PCF) in einer Weise, die mit den internationalen Normen zur Lebenszyklusbewertung (LCA) übereinstimmt.
Beide ISO-Normen können für jeweils ca. 150 Euro lizenziert werden.
Eine Wirtschaft, die darauf basiert, Rohstoffe und Ressourcen zu extrahieren, in Produkte zu verwandeln, zu nutzen und schließlich wegzuwerfen fährt auf einem endlichen Planeten mit endlichen Ressourcen gegen die Wand. Mit diesem Wartschaftsmodell verbrauchen wir derzeit 1,6 Erden und erzeugen Unmengen unnötiger Emmissionen. Die Weltbank schätzt, dass die weltweite Abfallmenge bis 2050 von derzeit 2 Milliarden auf bis 3,4 Milliarden Tonnen Müll steigen wird. Um die Abfallmenge zu reduzieren, müssen Recycling- und Wiederverwendungsraten daher steigen. Alleine die Textilindustrie könnte durch ein Kreislaufmodell dazu beitragen, jedes Jahr mehr als 500 Milliarden Dollar an Verlusten für die Industrie zurückgewinnen und gleichzeitig negativen Umweltauswirkungen reduzieren.
Eine Kreislaufwirtschaft, getrennt in einen biologischen (links) und einen technischen Kreislauf (rechts), ließe sich wie folgt darstellen:
Das Ziel: Das Entweichen von Rohstoffen aus dem Kreislauf und die damit verbundenen negativen Umweltauswirkungen verhindern.
Die biologischen Kreisläufe werden geschlossen, indem die Materialien ohne Schaden oder Müll auf regenerative Weise in die Biosphäre zurückgeführt werden. Die Wiedereinführung kann "natürlich" (z. B. durch biologischen Abbau) oder "industriell" (z. B. durch biochemische Extraktion oder industrielle Kompostierung) erfolgen. Biologische Lösungen konzentrieren sich in der Regel auf die Substitution endlicher (technischer) Materialien durch erneuerbare Stoffe. Dennoch bleibt es eine Priorität, Produkte mit ihrem höchsten Nutzen und Wert in Umlauf zu bringen, sodass Wartung, Reparatur und Wiederverwendung ebenfalls stattfinden können.
In den technischen Flüssen werden endliche Materialkreisläufe verlangsamt und durch Werterhalt (auch R-Imperative genannt) wie Reparatur, Aufarbeitung, Wiederherstellung, Wiederverwendung und Recycling geschlossen. Wobei Recycling die letzte aller Möglichkeiten sein sollte, um mehr eingebettete Energie und andere Werte zu erhalten und mehr Abfall zu vermeiden.
Um Kreisläufe für ein spezifisches Produkt zu betrachten, gibt es verschiedene Lebenszyklusmodelle.
Cradle-to-Cradle
Cradle-to-cradle ist das bekannteste Konzept der theoretischen Kreislaufwirtschaft. Es ist eine Abwandlung des Cradle-to-Grave-Konzepts, bei dem die Abfallphase durch ein Recyclingverfahren ersetzt wird, das den Abfall für ein anderes Produkt wiederverwendbar macht und so den Kreislauf schließt. Aus diesem Grund wird es auch als Kreislaufwirtschaft bezeichnet.
Cradle-to-Grave
Wenn man die Auswirkungen eines Produkts bis zur Entsorgung analysiert, nennt man dies Cradle-to-Grave. Die Wiege ist die Entstehung des Produkts mit der Beschaffung der Rohstoffe, das Grab ist die Entsorgung des Produkts. Transport fällt dabei oft zwischen allen Schritten an.
Cradle-to-Gate
Bei Cradle-to-Gate wird ein Produktleben nur bis zu den Werkstoren ausgewertet. Der Transport zum Verbrauch und die Nutzungsphase entfällt. Dies ist oft auch eine Datenfrage. Wie werden die Produkte genutzt? Das muss oft erst herausgefunden werden.
Eine Cradle-to-Gate-Analyse vereinfacht die Ökobianzierung und führt schneller zum Ziel. Cradle-to-Gate-Bewertungen werden häufig für Umweltproduktdeklarationen (EPD) verwendet.
Nachdem wir nun die Unterschiede zwischen den LCA-Modellen betrachtet haben, tauchen wir tiefer in die eigentlichen Phasen einer Ökobilanz ein.
Zusammenfassung von Ziel und Umfang der Analyse am Beispiel einer Jeans:
Beispielhaftes Ziel des LCA ist es, Jeans nachhaltiger zu gestalten, inbesondere in Bezug auf entstehende Umwelt-Emissionen. Ein weiteres Ziel ist die effizientere Herstellung durch Rationalisierung der Prozesse.
Wir werden die Jeans als Ganzes betrachten und die Umweltauswirkungen Cradle-to-Grave analysieren.
Die Inventaranalyse (LCI) befasst sich mit den genutzten Rohstoffen eines Produkts oder einer Dienstleistung. In diesem Schritt geht es hauptsächlich um Datenerfassung von Rohstoffverbrauch, Energieverbrauch, Wasser und dazugehörige Emissionen.
Diese Analyse kann äußerst komplex sein, so wie Produktionsprozesse und Lieferketten es in der Regel auch sind. Deshalb nimmt dieser Schritt der Ökobilanzierung die meiste Arbeit und Zeit in Anspruch.
Viele dieser Daten sind gut verfügbar - zum Beispiel in einer Strom- oder Wasserrechnung. Andere Quellen können Durchschnittswerte sein oder aus Datenbanken und LCA-Tools kommen. Ökobilanz-Tools mit kostenlosem Zugang sind zum Beispiel:
Alle lizenzieren die Datenbank von ecoinvent.
Für die Inventarisierung sollten die folgenden Prinzipien gelten:
In diesem Schritt erfolgt der Rückgriff auf die in Schritt 1 gewählten Einflusskategorien. Im Beispiel der Jeans bleibend kann dies mit dem 2030-Calculator für CO2e wie folgt aussehen:
Hier können wir erkennen, dass ein Großteil der CO2e-Emissionen dem Materialverbrauch entstammt, während der Transport (per Schiff) nur einen geringen Teil ausmacht. Im nächsten Schritt wird dies nun interpretiert.
Dies sollte nach ISO 14044 folgendes beinhalten:
Die Auswertung und Bewertung ist der wirklich spannende Teil einer Ökobilanz.
Am Beispiel der Jeans ließe sich nun ableiten, dass der Rohstoffverbrauch zu hoch ist. Um diesen zu reduzieren, könnten andere Rohstoffe genutzt werden. Zum Beispiel recyclte Baumwollfasern oder Mischgewebe mit Leinen oder Hanf. Oder man bleibt bei Baumwolle, aber schaut sich die Lieferanten und Produktionsweisen genauer an, wechselt den Lieferanten, wählt GOTS-Baumwolle mit besseren Umwelteigenschaften.
An dieser Stelle sei daher auch die Lektüre des LCAs von Levi Strauss zur 501 Jeans empfohlen:
In diesem erkennt man schnell, dass Levi Strauss einen großen Fokus auf die Nutzungsphase und dabei das Waschverhalten der Nutzer legt. Jedoch verbraucht der Anbau der Baumwolle 3x so viel Wasser, 4,5x so viel Land und erzeugt 2x so viel Eutrophierung. Einzig beim Einfluss auf den Klimawandel ist der Einfluss der Jeans-Nutzung höher als die Produktion der Baumwolle:
Über viele Seiten legt Levi Strauss dann dar, in welchem Land wie oft gewaschen wird und bringt Marketingmaßnahmen dagegen in Stellung, um das Waschverhalten zu ändern. Nun, der Erfolg solcher Marketingmaßnahmen ist nicht direkt messbar und damit sehr ineffizient. Ein viel größerer und überprüfbarerer Hebel wäre jedoch ein verbesserter Umgang mit den Rohstoffen und dem Materialeinsatz. Der Einatz von Recyclingfasern, Reperaturen, Zurücknahmen, ein langlebiges Produktdesign wären Maßnahmen, die viel direkter zu kontrollieren wären und einen größeren Effekt hätten. Leider muss man dafür an die eigenen Abläufe ran und kann die Veränderung nicht auslagern.
Nichtsdestotrotz ist Levis Strauss ein Vorreiter der Branche, da dieser Bericht von 2015 stammt und damit anderen zumindest zeitlich deutlich voraus ist. Zumal für die Textilbranche, die mit Fast Fashion ein großes Problem darstellt.
1. Eher inhärent als umständlichgreen
Konstrukteure müssen sich darum bemühen, dass alle Materialien und Energieinputs und -outputs von Natur aus so ungefährlich wie möglich sind.
2. Vermeidung statt Behandlung
Es ist besser, Abfall zu vermeiden, als ihn zu behandeln oder zu reinigen, nachdem er entstanden ist.
3. Planung für Trennung
Trenn- und Reinigungsverfahren sollten so konzipiert sein, dass der Energie- und Materialverbrauch minimiert wird.
4. Maximierung der Effizienz
Produkte, Prozesse und Systeme sollten so konzipiert sein, dass sie die Effizienz in Bezug auf Masse, Energie, Raum und Zeit maximieren.
5. Output-Pulled versus Input-Pushed
Produkte, Prozesse und Systeme sollten durch den Einsatz von Energie und Material eher "output-pulled" als "input-pushed" sein.
6. Komplexität bewahren
Eingebettete Entropie und Komplexität müssen als Investition betrachtet werden, wenn es darum geht, Entscheidungen über Recycling, Wiederverwendung oder sinnvolle Entsorgung zu treffen.
7. Langlebigkeit statt Unsterblichkeit
Eine angestrebte Langlebigkeit, nicht Unsterblichkeit, sollte ein Designziel sein.
8. Bedarf decken, Überschuss minimieren
Die Entwicklung unnötiger Kapazitäten oder Fähigkeiten (z. B. "Einheitsgrößen") sollte als Konstruktionsfehler betrachtet werden.
9. Minimierung der Materialvielfalt
Die Materialvielfalt in Mehrkomponentenprodukten sollte minimiert werden, um die Demontage und den Werterhalt zu fördern.
10. Integrierte Material- und Energieflüsse
Das Design von Produkten, Prozessen und Systemen muss die Integration und Vernetzung mit den verfügbaren Energie- und Materialflüssen beinhalten.
11. Design für ein kommerzielles "Nachleben"
Produkte, Prozesse und Systeme sollten so konzipiert sein, dass sie auch in einem kommerziellen "Nachleben" funktionieren.
12. Erneuerbar statt erschöpfend
Material- und Energieinputs sollten erneuerbar und nicht erschöpfend sein.
Weitere Quellen:
https://greenchemistry.yale.edu/about/principles-green-engineering
https://openknowledge.worldbank.org/entities/publication/d3f9d45e-115f-559b-b14f-28552410e90a
https://www.mckinsey.com/capabilities/sustainability/our-insights/sustainability-blog/refashioning-clothings-environmental-impact